Astitit regina a dextris tuis in vestitu deaurato,

circumdata varietate. (Ps. 44, 10b)


Gedanken über die Schönheit und Reinheit

des katholischen Glaubens und der Liturgie

18 Dezember 2021

Die Veränderung der Rubriken im Meßbuch


Am heutigen Quatembersamstag (wie auch schon am letzten Mittwoch) fällt dem »rubrikensensiblen« -- das ist keine Krankheit! -- Zelebranten vielleicht die Veränderung bei den Kniebeugungen in der Vormesse auf. In der heutigen Liturgie spricht der Zelebrant das Kyrie, danach Oremus. Flectamus genua, kniet nieder, erhebt sich zum Levate und betet die Oration. So vor allen fünf Lesungen.
In der Ausführung dieser alten Sitte, also vor der amtlichen Oration des Priesters nach Aufforderung zum Niederknien eine kurze Zeit still zu beten, hat sich etwas in den Rubriken vor und nach 1960/1962 verändert. Die Quatembertage gehören zum ältesten Bestand der römischen Liturgie, und das stille Beten vor der Oration ist ebenfalls sehr alt (s. das »Gesetz der Erhaltung des Alten in liturgisch hochwertiger Zeit« von Anton Baumstark) und ist bis heute sogar im NOM erhalten (bei den feierlichen Karfreitagsfürbitten).


Nach den Anweisungen des Missale vor 1960/62, also im MR 1920 und auch schon vorher (Ritus servandus V, 4) spricht oder singt der Zelebrant das Oremus in gewöhnlicher Weise (Ausbreitung der Hände etc.), dann Flectamus genua, stützt beide Hände auf den Altar und macht mit einem Knie eine kurze Kniebeugung zum Missale hin, erhebt sich sogleich aber wieder (»sine mora surgens«) bei der Antwort Levate und betet die Oration.

Im Meßbuch von 1960/62 ist die Anweisung verändert. Der Priester spricht ebenfalls Oremus. Flectamus genua, kniet dann aber, die Hände auf dem Altar abstützend, mit beiden Knien nieder und betet mit gefalteten Händen eine Weile still. Dann erhebt er sich wie bekannt zum Levate und betet die Oration.


Die Zeremonie im Meßbuch von 1960/62 ist sicherlich aussagekräftiger und entspricht eher der ursprünglichen Praxis, wie sie bei den großen Fürbitten in der Karfreitagsliturgie noch sichtbar ist.
Im vorhergehenden Meßbuch von 1920 sieht man die allgemeine Abschleifung ehemals eindrucksvoller Gesten und Handlungen, die dann bis in die 60er Jahre aus dem längeren Knien oder gar Liegen eine kurze Kniebeugung mit dem rechten Bein gemacht haben.

Im Laufe der Zeit wurde etliche liturgische Anweisungen ergänzt, korrigiert oder neu gefaßt.
Hier ein Beispiel aus dem Herzstück der Liturgie, der Konsekration.

Bei der hl. Wandlung ergreift der Zelebrant die Hostie, erhebt die Augen, macht eine Kopfverneigung bei den Worten »tibi gratias agens« und bezeichnet die Hostie mit dem Kreuzzeichen, bevor er die hl. Konsekrationsworte spricht. Die Kopfverneigung, obwohl schon immer gemacht und auch in den älteren Rubrikenbüchern erwähnt, stand allerdings bis 1920 nicht in den roten Anweisungen (Rubriken) im Text. Die zeremonielle Überlieferung ging also der Normierung voraus.

In der Rubrikenreform Pius X., im Zuge dessen u. a. eine Neuausgabe des Meßbuchs erschien (erst 1920 nach seinem Tod unter Benedikt XV.), ist die Kopfverneigung nun in den Rubriken aufgeführt (s. u.).
Alle diese Änderungen, Ergänzungen, Korrekturen etc. in den Meßbüchern vor 1920, zwischen 1920 und 1955, zwischen 1955 und 1960/62 und dann zuletzt im MR 1960/62 greifen aber nicht in den liturgischen Text ein.
Die Einfügung des hl. Joseph in den Kanon 1962 war in der Hinsicht ein ungeheurer Bruch mit der Tradition, den Kanon auf jeden Fall unverändert zu lassen.
Aber das ist eine andere Geschichte.